Nach seinem Tod hinterließ der Schweizer Künstler Hans Krüsi (1920-95) einen ausufernden Nachlass. Die in Wohnung, Atelier und verschiedenen Lagern vorgefundenen Materialien umfassen vom sorgfältig gerahmten Bild bis zum zerfallenden Bastelstück oder den vergessenen vor sich hin rottenden Esswaren jede Variation von Objekten. Krüsi, ein bedeutender Vertreter der Art Brut, nutzte neben Farben auf Papier oder Karton auch seine Polaroidkamera, den Fotokopierer oder das Tonbandgerät, um seine Alltagserfahrungen zu fassen und zu gestalten. Sein Schaffen war grenzenlos, so dass der Nachlass im Kunstmuseum Thurgau auch nach jahrelanger Ordnungsarbeit noch immer ein unergründliches Potential für Entdeckungen unbekannter Werke bildet. Der Hörspielmacher Michael Stauffer sichtete das Material und entwickelte auf dessen Grundlage Texte und Improvisationsanleitungen für das Hörstück. Dabei nimmt Stauffer Krüsi als Gegenüber ernst und begreift dessen Schaffen als ein mögliches Modell für die Entfaltung einer ausufernden Kreativität, zu der eben gerade auch die Freiheit der Interpretation gehört.
Michael Stauffer - Dichterstauffer wurde am 20. Juli 1972 um 14.55 Uhr in Winterthur geboren. Er macht: Prosa, Hörspiele, Theaterstücke, Lyrik, Performances, singt, improvisiert, macht Konzepte und Konzerte. Er unterrichtet am Schweizerischen Literaturinstitut der Hochschule der Künste Bern. Dichterstauffer lebt und arbeitet in der Schweiz und Europa.
Hans Krüsi, 1920 in Zürich geboren, kam im Alter von zehn Jahren in das Waisenhaus der Gemeinde Speicher AR. Sein Wunsch eine Gärtnerlehre zu absolvieren, blieb unerfüllt. 1948 machte er sich selbständig und betrieb als Einmannunternehmer Blumenverkauf auf der Strasse. Während über dreissig Jahre reiste er fünf bis sechs Mal pro Woche nach Zürich an die Bahnhofstrasse, wo er seine im Grosshandel eingekauften oder selbstgepflückten Blumen anbot. 1975/76 begann Krüsi sich bildnerisch zu betätigen und erweiterte sein Verkaufsangebot am Strassenrand mit Postkarten, Fotografien und kleinen Bildformaten. 1980 wurde die auf zeitgenössische Kunst spezialisierte Galerie Buchmann auf ihn aufmerksam und stellte ihn aus. Presse und Medien reagierten. Hans Krüsi wurde zu einer bekannten Persönlichkeit. Zahlreiche Ausstellungen und Publikationen folgten. Krüsi starb 1995, sein Nachlass wird im Kunstmuseum Thurgau aufbewahrt.
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