UmWeihnachten 1996 ertranken fast 300 Flüchtlinge vor der Südküste Siziliens. Wochen später fanden Fischer Leichenteile in ihren Netzen. Als die Küstenwache nichts unternahm, wurden die Körper zurück ins Meer geworfen. Jahrelang behielten die Fischer von Portopalo di Capo Passero und Porto Celeste den Vorfall für sich, der untergegangene Kutter wurde offiziell zum "Geister- schiff" erklärt, bis eine italienische Tageszeitung mit Unterwasserbildern den Beweis von der Existenz des Schiffes erbrachte. Die Bilder schockierten: Von einer dünnen Schlammschicht begraben, liegen im Rumpf des Schiffes die zusammengekauerten Leichen von Menschen, die in Italien ein neues Leben beginnen wollten. Promi- nente wie Romano Prodi und Dario Fo schickten Petiti- onen an die italienische Regierung und forderten die Bergung des Schiffes. Aber da es knapp außerhalb der italienischen Hoheitsgewässer gesunken war, sah man keine Verpflichtung darin, sondern eine rein humanitäre Angelegenheit.
Margareth Obexer, 1970 in Brixen, Südtirol geboren, ist Autorin von Theaterstücken, Essays, Erzählungen und Hörspielen. "Das Geisterschiff" ist Obexers meistgespielter Text auf deutschen Bühnen.
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