Die Zwillingsschwestern Barbro und Kerstin sind alles andere als Landeier. Sie genießen das bunte Leben in der Stadt und reagieren reichlich verwirrt, als der Vater ihnen plötzlich eröffnet, er wolle mit der Familie auf ein abgeschiedenes kleines Landgut ziehen. Entsetzt stellen sie und die vornehme Mutter fest: Der entlegene Bauernhof ist völlig heruntergekommen, die wenigen Bediensteten sind restlos überfordert, und es fehlt überall am nötigen Geld. Da heißt es: anpacken! Die Zwillinge stehen vor einem Berg von ungewohnter Arbeit. Dennoch lassen sie sich von ihrer neuen Umgebung bald begeistern: Ein endlos langer Sommer liegt vor ihnen, verheißungsvoll, turbulent und heiter. Die Anstrengung lohnt sich - mit viel Fleiß und Ausdauer gelingt es, den abgewirtschafteten Hof wieder einigermaßen hochzubringen. Rückschläge und Enttäuschungen bleiben zwar nicht aus, doch die Schwestern lernen die Vorzüge des Landlebens schätzen: Neben erfrischenden Badeplätzen und köstlichen Walderdbeerstellen sind es vor allem die neuen Freundschaften und Verliebtheiten, die ihnen das spannende Gefühl vermitteln, glücklich am Nabel der Welt angekommen zu sein. Da werden fröhliche Feste gefeiert und komische Streiche gespielt, es herrscht die ernsthafte Art der Ausgelassenheit, die Lindgrens Werk unverwechselbar macht.
Astrid Lindgren veröffentlichte das übermütige und zugleich etwas wehmütige Jugendbuch ´Kerstin und ich´ 1945 - parallel zu ´Pippi Langstrumpf´. Es gehört damit zum weniger beachteten Teil ihres Frühwerks. In deutscher Sprache wird es erstmals dramatisiert: Obwohl es nicht zu ihren großen Büchern zählt und seiner Zeit mehr verhaftet ist als die ´unvergänglichen´ Werke, scheint gerade auch hier die tiefe Humanität und die schwebende Leichtigkeit einer einmaligen Autorin durch. Astrid Lindgren macht auf unsentimentale, humorvolle und doch anrührende Weise transparent, was es einmal geheißen haben mag, in einem verflossenen Schweden mit allen Sinnen lebendig gewesen zu sein. Oliver Sturm, der die Bearbeitung vornimmt und Regie führt, vergleicht die Szenerie des Buches mit einem ´impressionistischen Gemälde´: Aus farbigen Tupfen entsteht ein lichtvoll poetisches Bild, das die ´Kinder von Bullerbü´ und den ´Michel aus Lönneberga´ in sich aufnimmt. Das Hörspiel übersetzt diese Stimmung ins Akustische und erschafft aus Klängen eine märchenhafte und überaus lebhafte Welt. Es lädt alle großen und ganz besonders alle kleinen Hörer ein, Astrid Lindgren neu zu entdecken.
Astrid Lindgren (1907 – 2002) wurde auf Näs im schwedischen Smaland geboren, wo sie im Kreis ihrerGeschwister eine überaus glückliche Kindheit verlebte. Für ihre mehr als siebzig Bilder-, Kinder- undJugendbücher, die in über siebzig Sprachen übersetzt worden sind, wurde sie mit unzähligen Preisenausgezeichnet.
Henrik Albrecht, geboren 1969 in Köln, ist Komponist mit Schwerpunkt auf Hörspielmusik, Pianist, Bandoneonist und Tangomusiker. Er gibt ausserdem mit einem festen Ensemble Konzerte im In- und Ausland.
hoerspielTIPPs.net:«Ein frühes Werk Astrid Lindgrens und leider auch eines, dass als Kinder- und Jugendbuch heute etwas altmodisch wirkt und mehr in Bezug auf die Autorin selbst von einigem Interesse sein dürfte. Wer eine übliche Lindgren-Erzählung erwartet, wird daher eher enttäuscht sein. Denn "Kerstin und ich" ist eine Geschichte, die beileibe nicht so zeitlos ist und die eher als Bild einer Epoche gelten kann.Einzig ihr Humor, ihre erzählerische Leichtigkeit und ihre moderne Einstellung lassen sich in diesem Werk wiederfinden.
Oliver Sturm hat das Hörspiel für den SWR bearbeitet und der Geschichte eine schöne Atmosphäre verschafft. Das Schweden Lindgrens wird hier hörbar und der Inhalt ohne Zutun von akustischem Schmalz sehr gut und glaubwürdig transportiert. Die Musik von Henrik Albrecht und Gerd Bessler sorgen hier für ein angemessenes Flair, das sich nicht in aufgesetzten Sentimentalitäten verliert. So transportiert man viel Gefühl, ohne auch nur den Hauch von Kitschigkeit aufkommen zu lassen.
Eigentlich ist es ein wenig schade, das diese Geschichte so ein wenig im Schatten steht, denn für sich betrachtet ist sie, zumindest in dieser Hörspielfassung, durchaus hörenswert. Hier und da ein wenig spröde vielleicht, aber insgesamt unterhaltsam und kurzweilig.
Allerdings könnte der Name der Autorin falsche Erwartungen wecken - in die gewohnte Lindgren-Ecke passt "Kerstin und ich" sicherlich nicht.»
Vorstellung im OhrCast
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